Die Mode in den 60er Jahren

a1966-opticalthumbnail.jpg

„Wir sehen, wie der erste Mensch seinen Fuß auf den Mond setzte, und bekamen den Kennedy-Mord in Zeitlupe vorgeführt. Vietnam-Greuel, Afrika-Massaker, Minirock, Beatles-Musik, Sexwelle, Aufklärung, Herztransplantation – nichts blieb uns erspart und auf nichts mußten wir verzichten. Was für ein Jahrzehnt!“


(STERN, Dezember 1969)head1.gif

Mit Ende des zweiten Weltkrieges hatten sich die Zentren der Weltpolitik verlagert. Nicht mehr Europa sondern die USA und die Sowjetunion hatten die führende Rolle inne, standen aber in Opposition zueinander. Beispiele für die Ost-West-Spannungen, die entstanden, sind Berlin, Kuba und Vietnam.

Als 1961 die Gespräche zwischen dem amerikanischen Präsidenten J.F.Kennedy und dem russischen Ministerpräsidenten N. Chruschtschow in Wien keine Einigung brachten, war die Gefahr eines Atomkrieges sehr groß. Die Sowjetunion wollte auf keinen Fall einer Wiedervereinigung Deutschlands zustimmen, und Kennedy leitete daraufhin eine massive Aufrüstung ein. Statt ein wiedervereintes Berlin zu feiern, wurde am 13.8.1961 mit dem Mauerbau begonnen, eine Mauer durch die einstige Hauptstadt Deutschlands. Ein Jahr danach gerieten die beiden Mächte wieder in Konflikt, als die Sowjetunion Kuba zu einem wichtigen Waffenstützpunkt machen wollte. Diese „Bedrohung direkt vor der Haustüre“ war für die USA zu groß, und es verhängte eine Blockade über Kuba. Dieses mal konnte durch das Einlenken Chruschtschows ein Krieg verhindert werde.
Der Vietnam war ein weiterer Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen dem kommunistischen Osten und dem demokratischen Westen. Der Vietnamkrieg verhärtete die Fronten zwischen den Supermächten und aktivierte in politischer und ideologischer Hinsicht die Jugend. Er spielte außerdem eine große Rolle bei den Studentenunruhen in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre. In der Bundesrepublik Deutschland wurden Teile der Jugend von einem großen Unmut erfaßt, der sich während der sechziger Jahre in fast ganz Europa und den USA breit machte. Er wurde durch soziale und ökonomische Veränderungen und durch politische Erschütterungen verursacht und schließlich fanden 1968 die Jugendbewegungen ihren Höhepunkt.
Das Aufbegehren gegen die als heuchlerisch, gleichgültig und ungerecht empfundene etablierte Gesellschaft westlicher Prägung fand seine Bewegungsformen in Gegenkulturen, Experimenten mit alternativen Lebens- und Arbeitsformen, Konsumverweigerung, sexueller Libertinage, neuen musikalischen Ausdrucksformen, Drogenkonsum und nicht zuletzt auch provokanten Regelverletzungen im Kleiderverhalten. […] Jugendliche beiderlei Geschlechtes schufen sich erstmalig ihre eigenen, von Vorgaben der Haute Couture unabhängigen Moden.
In Österreich fand dieser Kampf zwischen verschieden Kulturen frühestens ab 1967 statt. Auch hier äußerte sich der neue jugendliche Lebensstil in langen Haaren und Bärten, bunter Kleidung und antiautoritärer Haltung gegenüber der Erwachsenenwelt. Sie finden sich modern. Und sie erwarten kein Verständnis bei den Erwachsenen. […] und „sie leben nur in der Gegenwart und vor allem in der Opposition“ […] „Wer lange Haare trägt und sich bunt anzieht, läuft Gefahr, auf offener Straße angehalten und gefilzt zu werden.“
Es kommt auch in Österreich zu verschiedenen Studentendemonstrationen und Sitzstreiks, wie zum Beispiel gegen den Schah-Besuch 1969, für eine Hochschulreform und 1968 gegen das Attentat auf den Berliner Studentenführer Dutschke. Trotzdem geht es in Österreich vergleichsweise „moderat“ zu. Diese politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bewegungen fanden auch in der Mode ihren Ausdruck. Tonangebend, und dies nicht nur in der Mode sondern auch in der Unterhaltungs- und Freizeitbranche, war die Jugend, die zur stärksten Käuferschicht wurde.
Mitte 1965 etwa geben britische Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren jede Woche umgerechnet 360 Millionen Schilling für Kleidung aus, im gleichen Zeitraum verzeichnet Frankreichs Teenager-Industrie über fünf Millionen Kunden, die im Durchschnitt monatlich über ein Budget von 5,4 Milliarden Schilling verfügen. Im Jahre 1967 erwarben die 15- bis 19jährigen 60 % aller Modeartikel. Die Medien, die damals zunehmend an Bedeutung gewannen, unterstützten den „Jung-sein-ist-in“-Trend. Dahinter verbarg sich nichts anderes als ein ökonomisches Interesse. Durch die Einrichtung von Beatshops, Twen-Boutiquen und Fashion-corners in den großen Kaufhäusern wurde der „neuen, jugendlichen Mode“ Rechnung getragen und die Bekleidungsbranche erlebte einen wahren Boom.
Dieser „Jung-sein-Boom“ konnte sich bis Anfang/Mitte der siebziger Jahre halten, dann aber wandte sich die Modebranche auch wieder dem restlichen, dem nichtjugendlichen Klientel zu und seitdem haben die Frauen die Möglichkeit, aus verschiedenen „Bekleidungskonzepten“ zu wählen.

Hinterlasse einen Kommentar